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OB: „Wir sind dankbar für diesen Besuch”

Ehemalige Weinheimer Juden besuchten die Stadt und wurden herzlich empfangen

„Besuche wie diese sind Anlässe, sich immer wieder aufs Neue mit der Vergangenheit unseres Landes und den Folgen auseinander zu setzen, die die Schreckensherrschaft der deutschen Nationalsozialisten vor allem am jüdischen Volk verursachte.” Mit diesem Satz fasste Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Sonntagabend bei einem offiziellen Empfang im Rathaus die Idee und den Sinn des Aufenthaltes zusammen, den ehemalige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger derzeit auf Einladung der Stadt in Weinheim verbringen. Der Besuch, der von Donnerstag bis Dienstag dauert, wurde von allen Seiten als sehr freundschaftlich, herzlich und persönlich bezeichnet. Ein solcher Besuch, so Bernhard, dürfe nicht nur ein Blick zurück sein, sondern auch „die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft, ein friedliches, freundschaftliches Miteinander”. Der OB zu den Besuchern, die teilweise sogar eine Anreise aus Brasilien nicht gescheut hatten: „Wir sind dankbar für die Geste unserer Gäste und versichern Ihnen, dass wir das Erbe der jüdischen Gemeinde Weinheims und ihre Geschichte in dieser Stadt auch den kommenden Generationen überliefern wollen.” Zum dritten Mal nach 1979 und 1991 hatte die Stadt ehemalige Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens und ihre Angehörigen eingeladen – Anlass war diesmal das zehnjährige Bestehen der förmlichen Städtepartnerschaft zwischen Weinheim und Ramat Gan in Israel, deshalb hatte sich Ramat Gans ehemaliger Vize-Bürgermeister Mully Dor dem Aufenthalt angeschlossen, der von Weinheimer Seite aus von Albrecht Lohrbächer mitbegleitet wurde. Beide Männer gelten als großere Förderer der Städtepartnerschaft und der Beziehungen, die 1999 dorthin mündeten. So weilen in diesen Tagen also Ernst Rapp und seine Frau aus Freiburg in ihrer ehemaligen Heimatstadt, sowie Gladis Blumenthal und Lia Waldman, die Töchter von Ellen Neu-Wiener. Die beiden Damen, die in Brasilien leben, erzählten schmunzelnd von Anrufen ihrer 95-jährigen Mutter aus Brasilien, die ständige Berichterstattung aus der alten Heimatstadt einfordert. Die Eltern von Ellen Neu-Wiener Ellen Wiener wohnten in der Schulstraße 8 gegenüber der Pestalozzi-Grundschule. Ihr Vater Sally Samuel Neu gehörte als Mitglied der SPD mehrere Jahre dem Bürgerausschuss und dem Weinheimer Gemeinderat an. Aber im Sommer 1937 musste er mit seiner Familie zunächst in Frankfurt untertauchen und emigrierte noch im gleichen Jahr nach Uruguay. Ernst Rapp hat bereits am ersten Treffen der ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Weinheim im Jahr 1979 teilgenommen. Er war viereinhalb Jahre alt, als er gemeinsam mit seinen Eltern und zusammen mit 43 Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Weinheims am 22. Oktober 1940 in den südfranzösischen Pyrenäenort Gurs deportiert wurden. Gurs hat er nur durch Zufall überlebt; als seine Eltern starben lag er im Krankenhaus. Im Rahmen ihrer Visite besuchen Weinheims Gäste unter anderem einen jüdischen Gottesdienst in Mannheim, das Heidelberger Schloss und das jüdische Viertel in Speyer – natürlich lernten sie bei einer Stadtführung auch Weinheim kennen. „Weinheim ist eine moderne Stadt mit einer langen Tradition”, betonte Heiner Bernhard. Dazu gehöre auch die Geschichte der jüdischen Gemeinde. Seit vielen Jahren beschäftige sich eine Gruppe von Menschen in der Stadt intensiv mit diesem Thema. Der OB verwies in diesem Zusammenhang auf die Forschungs-Ergebnisse auf der Internetseite www.Juden-in-Weinheim, die dank einer Initiative des Museums-Fördervereins erstellt werden konnte. Zum zehnjährigen Partnerschaftsjubiläum verwies Bernhard auch darauf, dass die Anfänge der Freundschaft deutlich länger als zehn Jahre zurückliegen. Seit mehr als 20 Jahren gibt es den regelmäßigen Schüleraustausch zwischen unseren beiden Städten. Diese Kontakte und die Arbeit des Freundeskreises Weinheim-Ramat Gan mündeten im Jahr 1999 in eine offizielle Städtepartnerschaft.

veröffentlicht in: „Weinheimer Nachrichten” vom 12.10.2009

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